Was ist THC (Tetrahydrocannabinol) und wie wird es medizinisch eingesetzt?

Cannabis enthält Wirkstoffe (Cannabinoide), die zu verschiedenen medizinischen Zwecken eingesetzt werden können. Für die therapeutische Anwendung sind die Cannabinoide der Cannabis-Pflanze von Bedeutung. Einer davon ist das psychoaktive Tetrahydrocannabinol (THC), das nicht nur Rauschzustände auslösen, sondern auch bei verschiedenen Beschwerden hilfreich sein kann.

*Rezeptpflichtige Arzneimittel erfordern eine ärztliche Verschreibung
Medizinisch geprüft durch
unser internes Medical Team

Letzte Änderung:

12.9.2024

Das Wichtigste in Kürze
  • Medizinisches Cannabis enthält THC in unterschiedlichen Anteilen, was Einfluss auf die therapeutische Wirkung hat
  • THC wirkt über die CB1- und CB2-Rezeptoren (Cannabinoid-Rezeptoren) im menschlichen Körper.
  • Nebenwirkungen können bei der Anwendung von medizinischem Cannabis insbesondere zu Beginn der Einnahme auftreten; mit der Zeit ist ein Gewöhnungseffekt möglich.

THC in Cannabis

THC (Tetrahydrocannabinol) ist neben CBD (Cannabidiol) der Hauptwirkstoff und das wohl bekannteste Cannabinoid der Cannabispflanze. Es ist die chemische Verbindung, die für die psychoaktive Wirkung von Cannabis verantwortlich ist.

THC bindet an bestimmte Rezeptoren im menschlichen Körper, die Teil des Endocannabinoid-Systems sind. Die chemische Struktur von THC (C₂₁H₃₀O₂) sorgt dafür, dass die Substanz fettlöslich ist und ermöglicht somit die Überwindung der Blut-Hirn-Schranke. Somit kann THC Einfluss auf das zentrale Nervensystem nehmen.

Während Freizeit-Cannabis primär geraucht oder inhaliert wird, steht geprüftes medizinisches Cannabis in unterschiedlichen Darreichungsformen zur Verfügung:

  • Getrocknete Cannabis-Blüten und -Extrakte 
  • Arzneien mit voll- oder halb-synthetischem Wirkstoff (z. B. Dronabinol oder Nabilon)
  • Kombinationspräparate aus THC und CBD (Nabiximols), die als Spray verabreicht werden
Freizeit-Cannabis ist nicht mit medizinischem Cannabis vergleichbar

Medizinisches und Freizeit-Cannabis stammen zwar aus der gleichen Pflanze, doch medizinisches Cannabis besteht aus speziell entwickelten Sorten mit potenzieller therapeutischer Wirkung. Beim Freizeitkonsum werden die Blüten und getrockneten Blätter der Hanfpflanze mit dem Ziel zum Erreichen eines Rauschzustandes konsumiert. THC wird im medizinischen Kontext über Produkte in standardisierter Qualität zur Verfügung gestellt, um gewünschte therapeutische Wirkungen zu erzielen.

Wie wirkt THC im menschlichen Körper?

THC entfaltet seine Wirkung, indem es an die CB1- und CB2-Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems andockt. Dieses System spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung physiologischer Prozesse.

Durch die Interaktion von THC mit den Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems entsteht die Wirkung:

  • Die CB1-Rezeptoren sind überwiegend im Zentralen Nervensystem (ZNS), also im Gehirn und Rückenmark, lokalisiert, befinden sich aber auch in Organen wie dem Darm und den Nieren. Sie vermitteln die psychoaktiven Effekte von THC und nehmen Einfluss auf Schmerzempfindung, Motorik und Gedächtnis.
  • Die CB2-Rezeptoren befinden sich vor allem auf den Zellen des Immunsystems, den Organen und im Magen-Darm-Trakt. Diese Rezeptoren sind hauptsächlich für die Modulation von Schmerzen und Entzündungen verantwortlich.

Medizinische Anwendung von THC

THC kann eine Vielzahl von psychologischen und physiologischen Prozessen beeinflussen. Diese Wirkung entsteht durch die direkte Bindung an die Endocannabinoid-Rezeptoren des menschlichen Körpers. 

Folgende Eigenschaften werden THC nachgesagt:

  • Regulierung des Appetits: THC kann den Appetit anregen. Es kommt daher häufig bei Patienten und Patientinnen mit Appetitlosigkeit und damit einhergehendem, krankheitsbedingtem Gewichtsverlust zum Einsatz.
  • Schmerzhemmung: THC kann analgetisch (d. h. schmerzlindernd) wirken und dabei helfen, chronische Schmerzen zu reduzieren.  
  • Steuerung von Entzündungen: Durch das Zusammenspiel mit CB2-Rezeptoren kann THC entzündungshemmend wirken. Davon profitieren Patienten und Patientinnen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen, wie z. B. Morbus Crohn.
  • Regulierung des Augeninnendrucks: Es gibt Hinweise darauf, dass Cannabis eine Senkung des Augeninnendrucks bewirken kann. Daher können Patienten und Patientinnen mit Glaukom-Erkrankung davon profitieren.
  • Beeinflussung der Muskelsteuerung: Neurologische Krankheiten wie Multiple Sklerose gehen oft mit krankhaften Muskelversteifungen (Muskelhypertonie, Spastiken) einher. THC ist in der Lage, diese zu lindern. Das macht die medizinische Anwendung bei Personen mit Multipler Sklerose denkbar.
  • Übelkeit und Erbrechen: THC gilt als besonders wirksam bei der Behandlung von Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen.

Studien rund um Cannabinoide zeigen, dass diese vielversprechende therapeutische Effekte aufweisen können. Auch wenn es um neurodegenerative Erkrankungen und neuropathische Schmerzen geht, ist eine Symptomlinderung möglich. 

Die Forschung muss allerdings noch weitergeführt werden, um die genauen Wirkungen und Ziele von Cannabinoiden zu verstehen. In der Krebsbehandlung wird THC bislang beispielsweise zur Linderung von Schmerzen und gegen Nebenwirkungen von Chemotherapien eingesetzt.

Ärztliche Verordnung von medizinischem Cannabis ist Pflicht

Seit dem 1. April 2024 ist es in Deutschland legal, Freizeit-Cannabis zu konsumieren. Bei medizinischen Einsatzzwecken musst Du Dir Dein Produkt dennoch von einer Ärztin oder einem Arzt verordnen lassen. Qualität und Dosierung sind genau auf das jeweilige Krankheitsbild abgestimmt.

Wie wird THC im Körper abgebaut?

Du kannst THC sowohl inhalativ als auch oral aufnehmen. Bei inhalativer Aufnahme ist der Wirkstoff innerhalb weniger Sekunden in Deinem Blut nachweisbar, bei oraler Aufnahme nach etwa 15 Minuten. 

Der Stoffwechsel von THC erfolgt primär in Deiner Leber, wo es in seine psychoaktive Form umgewandelt wird. Nach etwa vier Stunden ist die Hälfte des zugeführten THC wieder abgebaut worden. Dieser Zeitraum wird als Halbwertszeit bezeichnet.  Bis THC nicht mehr im Blut nachgewiesen werden kann, können jedoch mehrere Tage vergehen.

THC reichert sich im Fettgewebe an und kann bei regelmäßigem Konsum bis zu drei Monate lang im Urin nachgewiesen werden. Der größte Teil des THC wird über den Stuhlgang ausgeschieden, nur ein kleiner Teil über den Urin. 

Es gibt verschiedene Faktoren, die den Abbau von THC in Deinem Körper beeinflussen können:

  • Stoffwechsel: Menschen mit einem schnelleren Stoffwechsel bauen THC und weitere Cannabinoide schneller ab.
  • Dosierung: Höhere Dosierungen von THC verbleiben länger im Körper.
  • Häufigkeit der Einnahme: Regelmäßiger Konsum führt zu einer Ansammlungvon THC im Fettgewebe, was die Nachweisbarkeit verlängert.

Sicherheit und Risiken der THC-Behandlung

THC wird im Allgemeinen als nebenwirkungsarm betrachtet, es gibt aber noch wenig umfangreiche und langfristige Studien. In manchen Studien werden Nebenwirkungen thematisiert, die bei der Einnahme von THC auftreten können. Meist sind solche unerwünschten Wirkungen kurzfristig und treten primär in der Phase auf, in der die richtige Dosis bestimmt wird.¹ 

Allgemein kann Cannabis das Auftreten von Psychosen begünstigen. Aufgrund der Hormonumstellung besteht auch bei Frauen in den Wechseljahren ein erhöhtes Psychose-Risiko. Gerade bei älteren Patienten und Patientinnen ist Vorsicht geboten, da diese anfälliger für Nebenwirkungen im ZNS und im Herz-Kreislauf-System sind.

Folgende Nebenwirkungen können auftreten:

  • Schwindelanfälle zu Beginn der Therapie
  • Kreislaufkollaps
  • Mundtrockenheit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Müdigkeit
  • Orientierungsstörungen
  • Schlafstörungen

Nicht nur Nebenwirkungen von THC, sondern auch Wechselwirkungen sind von Bedeutung.  Letztere können in Kombination mit  Alkohol, Schlafmitteln, Beruhigungsmitteln und anderen Arzneien mit beruhigendem Effekt auftreten.

Wenn auf Dich die folgenden Merkmale zutreffen, sind  cannabishaltige Arzneimittel vermutlich nicht für Dich geeignet:

  • Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Hanf oder Cannabinoiden
  • Schwere akute Persönlichkeitsstörung, Schizophrenie, Psychose oder Depressionen bzw. die genetische Veranlagung für derartige Krankheiten
  • Vorliegende (schwere) Herz-Kreislauf-Erkrankung
  • Einnahme während der Schwangerschaft und Stillzeit

Die Entscheidung für eine medizinische Behandlung mit THC und die Verordnung sollte nur durch Ärztinnen und Ärzte erfolgen. Zwar ist die Verschreibung als Betäubungsmittelrezept (BTM-Rezept) nicht mehr notwendig, doch ohne Rezept kannst Du auch weiterhin kein Cannabis in der Apotheke kaufen.

Zusammenfassung

THC ist einer der zentralen Wirkstoffe der Cannabis-Pflanze und ist sowohl im Freizeitbereich als auch im medizinischen relevant. Während Freizeitanwender:innen die berauschende Wirkung von THC schätzen, geht es im medizinischen Kontext beispielsweise um die Schmerzlinderung durch THC. Es gibt Studien, die darauf hindeuten, dass medizinisches Cannabis in zahlreichen Anwendungsfällen hilfreich sein kann.. Trotzdem ist die genaue Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt nötig, um die richtige Behandlung mit THC sicherzustellen.

Wie wird THC im Körper abgebaut?

Du kannst THC sowohl inhalativ als auch oral aufnehmen. Bei inhalativer Aufnahme ist der Wirkstoff innerhalb weniger Sekunden in Deinem Blut nachweisbar, bei oraler Aufnahme nach etwa 15 Minuten. 

Der Stoffwechsel von THC erfolgt primär in Deiner Leber, wo es in seine psychoaktive Form umgewandelt wird. Nach etwa vier Stunden ist die Hälfte des zugeführten THC wieder abgebaut worden. Dieser Zeitraum wird als Halbwertszeit bezeichnet.  Bis THC nicht mehr im Blut nachgewiesen werden kann, können jedoch mehrere Tage vergehen.

THC reichert sich im Fettgewebe an und kann bei regelmäßigem Konsum bis zu drei Monate lang im Urin nachgewiesen werden. Der größte Teil des THC wird über den Stuhlgang ausgeschieden, nur ein kleiner Teil über den Urin. 

Es gibt verschiedene Faktoren, die den Abbau von THC in Deinem Körper beeinflussen können:

  • Stoffwechsel: Menschen mit einem schnelleren Stoffwechsel bauen THC und weitere Cannabinoide schneller ab.
  • Dosierung: Höhere Dosierungen von THC verbleiben länger im Körper.
  • Häufigkeit der Einnahme: Regelmäßiger Konsum führt zu einer Ansammlungvon THC im Fettgewebe, was die Nachweisbarkeit verlängert.

Häufige Fragen

Seit dem 1. April 2024 dürfen erwachsene Personen in Deutschland Cannabis und damit auch den Wirkstoff THC legal konsumieren. Medizinisches Cannabis wird nach wie vor per Rezept verordnet und ist auch nur über ein solches erhältlich. Zwischen 2017 und 2024 war dafür ein Betäubungsmittelrezept (BTM-Rezept) nötig. Das synthetische Cannabinoid Nabilon ist auch weiterhin nur über ein BTM-Rezept erhältlich.

CBD und THC sind beides Cannabinoide, die in unterschiedlicher Konzentration in der Hanfpflanze vorkommen. THC hat eine psychoaktive Wirkung und beeinflusst die Dopaminausschüttung. Der Wirkstoff kann Glücksgefühle und Euphorie auslösen und hemmt aktiv die Weiterleitung von Schmerzimpulsen im Gehirn. CBD wirkt nicht psychoaktiv und gilt als beruhigend.

Eine extreme Überdosis mit THC ist, anders als beispielsweise bei Alkohol, normalerweise nicht lebensbedrohlich. Wird eine sehr hohe Menge THC eingenommen, können jedoch Angstzustände und Panikattacken sowie Übelkeit und gesteigerte Schläfrigkeit auftreten.

THC wird für die medizinische Anwendung in Form von Sprays, Tabletten oder Cannabis-Blüten (z. B. zur Inhalation) verordnet. Zum Freizeitgebrauch erfolgt der Konsum in der Regel als Joint in einer selbstgedrehten Zigarette, mittels Verdampfer oder in einer Wasserpfeife. Möglich ist auch die Einnahme als Cannabis-Extrakt Der Konsum von Edibles (z. B. Gebäck) ist dem Freizeitkonsum zuzuordnen, da im medizinischen Kontext die Dosierung von entscheidender Bedeutung ist.

THC hat Einfluss auf die Fahrtauglichkeit. Wird der Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC im Blut überschritten, darfst Du nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen. Es drohen Fahrverbote und Geldstrafen bei Missachtung. Diese Regelungen gelten nicht nur für den privaten Konsum, sondern auch bei medizinischer Verordnung.

Regelmäßiger und häufiger THC-Konsum kann sich negativ auf die Aufmerksamkeit und Denkleistung, das Gedächtnis und die allgemeine Hirnleistung auswirken. Es deutet vieles darauf hin, dass sich der Effekt nach einer Abstinenzphase teilweise zurückbildet. Bei Dauerkonsum steigt außerdem das Risiko, an einer psychischen Störung zu erkranken. Angststörungen und Depressionen sind häufige Folgen. Schätzungen besagen, dass etwa 9 % der Anwenderinnen und Anwender eine THC-Abhängigkeit entwickeln. 

Quellenangaben

1. DocCheck Flexikon (o. J.). Tetrahydrocannabinol https://flexikon.doccheck.com/de/Tetrahydrocannabinol, abgerufen am 11.07.2024

2. Kassenärztliche Bundesvereinigung (o. J.). Cannabisarzneimittel https://www.akdae.de/fileadmin/user_upload/akdae/Arzneimitteltherapie/WA/Archiv/Cannabis.pdf, abgerufen am 11.07.2024

3. Dingermann, T. (2021). Grundlagen der Pharmakologie von Cannabinoiden. Schmerzmedizin, 37(S1), 8–13. https://doi.org/10.1007/s00940-021-3139-9 

4. Barmer (o. J.). Cannabis: Wirkungen und Nebenwirkungen https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/medizin/cannabis/wirkungen-nebenwirkungen-1132214, abgerufen am 11.07.2024

5. Bundesministerium für Gesundheit (o. J.). Fragen und Antworten zum Cannabisgesetz https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/cannabis/faq-cannabisgesetz, abgerufen am 11.07.2024

6. Kirkham, T. C. (2009). Cannabinoids and appetite: Food craving and food pleasure. International Review Of Psychiatry, 21(2), 163–171. https://doi.org/10.1080/09540260902782810

7. 1Volkow, N. D., Baler, R. D., Compton, W. M. & Weiss, S. R. (2014). Adverse Health Effects of Marijuana Use. New England Journal Of Medicine, The New England Journal Of Medicine, 370(23), 2219–2227. https://doi.org/10.1056/nejmra1402309

8. Häuser, W. & Petzke, F. (2019). Evidenz der Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabispräparaten bei chronischen Schmerzen. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 62(7), 836–844.

9. Pini, A., Mannaioni, G., Pellegrini-Giampietro, D., Passani, M. B., Mastroianni, R., Bani, D. & Masini, E. (2012). The Role of Cannabinoids in Inflammatory Modulation of Allergic Respiratory Disorders, Inflammatory Pain and Ischemic Stroke. Current Drug Targets, 13(7), 984–993.

10. Hoch, E., Friemel, C. M. & Schneider, M. (2019). Cannabis: Potenzial und Risiko. in Springer eBooks. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57291-7

11. Krebsinformationsdienst (o. J.) Cannabis und Cannabinoide bei Krebs https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/detail/cannabis-und-cannabinoide-bei-krebs, abgerufen am 11.07.2024

12. Ahmed, W. & Katz, S. (2016). Therapeutic Use of Cannabis in Inflammatory Bowel Disease. PubMed Central (PMC). https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5193087/