Am 1. April 2024 ist das neue Cannabis-Gesetz (CanG) in Kraft getreten, das den privaten Besitz, Konsum und Anbau von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen legalisiert. In diesem Zuge wurde auch das Straßenverkehrsgesetz angepasst – mit besonderem Fokus auf die Fahrtüchtigkeit nach Cannabiskonsum. Im August 2024 ist ein neuer Cannabis-Grenzwert für Autofahrer:innen in Kraft getreten. Die zentrale Frage lautet: Wie viel THC darf im Blut sein, um noch sicher und legal Auto zu fahren?
THC (Tetrahydrocannabinol) ist der psychoaktive Wirkstoff in Cannabis, der das Bewusstsein beeinflussen kann – und damit auch die Fahrtüchtigkeit. In der Medizin wird zwischen verschiedenen THC-Messwerten unterschieden.
In der Regel wird bei Verdacht auf Drogen am Steuer eine Blutprobe genommen. Für die Bewertung der Fahrtüchtigkeit ist jedoch nicht der THC-Wert im Vollblut entscheidend, sondern der THC-Wert im Blutserum, da er die aktuelle Wirkung widerspiegelt.
Die unabhängige Expertenkommission beim Bundesverkehrsministerium hat im März 2024 einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum (ng/ml) empfohlen. Die Bundesregierung hat diese Empfehlung übernommen. Die Kommission sieht einen THC-Wert von 3,5 ng/ml als vergleichbar mit 0,5 Promille Alkohol – also der klassischen Grenze für eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr. Ab diesem Wert würde sich THC auf das Fahrverhalten auswirken, wie etwa auf Reaktion, Konzentration oder das Einschätzen von Geschwindigkeiten, so die Expert:innen.1
Zum Vergleich: Der bisherige Cannabis-Grenzwert lag bei 1,0 ng/ml – wurde allerdings vor der Legalisierung eingeführt, um bereits geringe Mengen zu sanktionieren. Der neue Wert soll nun realistisch widerspiegeln, ab wann die Fahrtüchtigkeit tatsächlich eingeschränkt ist.
Wichtig: Beim Autofahren ist der Mischkonsum von Alkohol und Cannabis grundsätzlich verboten.
Für Fahranfänger:innen unter 21 Jahren oder während der Probezeit gilt: Null Toleranz. Jeglicher Cannabiskonsum im Straßenverkehr ist verboten – auch unterhalb des Grenzwerts. Wer dagegen verstößt, muss mit einem Bußgeld, Punkten in Flensburg und einer möglichen Verlängerung der Probezeit rechnen.
Der neue THC-Grenzwert gilt nicht für das Fahrradfahren. Er bezieht sich ausdrücklich auf das Führen von Kraftfahrzeugen, wie zum Beispiel Autos, Motorräder oder LKWs. Hingegen gibt es beim Fahrradfahren keinen festen THC-Grenzwert.
Wer allerdings erkennbar berauscht Fahrrad fährt (z. B. Schlangenlinien, unsicheres Verhalten etc.), muss mit ernsthaften Folgen rechnen, auch ohne festen Messwert. In solchen Fällen kann die Polizei ein ärztliches Gutachten verlangen oder es wird eine medizinische psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet. Schlimmstenfalls kann sogar die Fahrerlaubnis für Autos entzogen werden, obwohl man „nur“ Rad gefahren ist.
Für Patient:innen, die Cannabis auf Rezept erhalten, gelten die neuen Vorschriften nicht. Hier macht der Gesetzgeber gemäß § 24a IV StVG mit der „Medikamentenklausel“ eine Ausnahme. Demnach liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, wenn die Substanz, die normalerweise das Fahrverhalten beeinträchtigen kann, ein verordnetes Arzneimittel ist.2 Deshalb ist es ratsam, immer eine Kopie des Rezeptes mit sich zu führen, das bei einer Verkehrskontrolle vorgelegt werden kann.
Die Ausnahmeregelung ist jedoch kein Freifahrtschein. Der Gesetzgeber überträgt Patient:innen eine hohe Eigenverantwortung. Denn sie dürfen nur am Straßenverkehr teilnehmen, wenn sie sich stabil und sicher fühlen und keine akuten Nebenwirkungen verspüren.
Sollte es Anzeichen geben, dass jemand medizinisches Cannabis missbraucht (z. B. zu viel nimmt oder sich nicht an die ärztlichen Vorgaben hält), kann ein medizinisches Gutachten verlangt werden. Ebenso, wenn jemand trotz richtiger Einnahme nicht mehr sicher fahren kann.
Wer den THC-Grenzwert überschreitet, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit hohen Strafen rechnen. Geregelt sind die Bußgelder für das Fahren unter Cannabiseinfluss im StVG. Sie gelten bundesweit einheitlich.3
Bei Fahranfänger:innen unter 21 Jahren oder in der Probezeit gilt ein absolutes Cannabisverbot. Ein Verstoß führt zu einem Bußgeld von 250 €, einen Punkt in Flensburg, der Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre und es wird ein Aufbauseminar angeordnet.
Darüber hinaus kann bei festgestellter Fahruntüchtigkeit oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer:innen eine Straftat vorliegen, die mit Geld- oder Freiheitsstrafen sowie dem Entzug der Fahrerlaubnis geahndet wird.
Die Regeln zur Fahrtauglichkeit beim Cannabis-Konsum wurden an die bereits bekannten Regeln bei Alkohol angepasst.4 Das heißt:
Ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) ist nur noch nötig, wenn
Nur weil jemand gelegentlich Cannabis konsumiert, darf nicht automatisch eine MPU angeordnet werden. Das reicht alleine nicht mehr aus.
Nach dem Konsum von Cannabis wird empfohlen, mindestens 24 Stunden zu warten, bevor ein Fahrzeug geführt wird. Diese Empfehlung basiert auf Studien, die zeigen, dass die Fahrtüchtigkeit bis zu 24 Stunden beeinträchtigt sein kann, selbst wenn man sich subjektiv wieder fit fühlt. Besonders bei oralem Konsum, wie zum Beispiel Cannabis-Kekse, kann die Wirkung länger anhalten. Regelmäßige Konsument:innen sollten noch vorsichtiger sein, da THC länger im Körper nachweisbar ist.5
Es gibt Selbsttests (Speichel- oder Urintests), die den THC-Gehalt im Körper messen können. Allerdings sind sie nicht immer zuverlässig und können keine genaue Aussage über die aktuelle Fahrtüchtigkeit treffen. Ein negatives Testergebnis garantiert nicht, dass man unter dem gesetzlichen Grenzwert liegt oder fahrtüchtig ist.
Fahren unter dem Einfluss von Cannabis kann erhebliche Auswirkungen auf den Versicherungsschutz haben. Bei einem Unfall unter THC-Einfluss kann die Kfz-Haftpflichtversicherung zwar den Schaden des Unfallopfers übernehmen, aber die Fahrerin oder den Fahrer in Regress nehmen. Das bedeutet, dass die Kosten zurückgezahlt werden müssen. Zudem kann die Kaskoversicherung ihre Leistungen kürzen oder ganz verweigern, wenn der Unfall auf den Cannabis-Konsum zurückzuführen ist.
In vielen Ländern ist der Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr unterschiedlich geregelt. Einige setzen auf Messwerte wie Deutschland, andere wiederum auf eine Nulltoleranzregelung oder prüfen, ob jemand beim Fahren tatsächlich auffällig ist. Ein Blick ins Ausland zeigt, wie verschieden der Cannabis-Konsum hinterm Steuer beurteilt wird.6
Diese Unterschiede zeigen, dass es international keine einheitliche Regelung für THC im Straßenverkehr gibt. Deutschland positioniert sich mit dem neuen Grenzwert von 3,5 ng/ml im Blutserum im mittleren Bereich der internationalen Standards, wobei der Fokus auf der tatsächlichen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit liegt.
Einige Länder, wie die Schweiz oder die Niederlande, geben ihre Grenzwerte im Vollblut an, Deutschland dagegen im Blutserum. Deshalb muss man bei internationalen Vergleichen immer schauen, welcher Blutanteil gemeint ist, sonst wirkt ein Wert vielleicht höher oder niedriger, als er eigentlich ist.
Seit August 2024 gilt in Deutschland ein THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml im Blutserum. Zudem gilt ein absolutes Cannabis-Verbot am Steuer für Fahranfänger:innen sowie für Fahrer:innen, die noch keine 21 Jahre alt sind. Zusätzlich gilt, dass der Mischkonsum von Alkohol und Cannabis nicht erlaubt ist. Für medizinische Cannabis-Patient:innen gelten diese Regeln nicht. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht rechtlich belangt werden können, wenn sie im Straßenverkehr auffällig werden. Um rechtliche und finanzielle Konsequenzen zu vermeiden, sollte man nach dem Konsum von Cannabis ausreichend lange warten, bevor man ein Fahrzeug führt. Selbsttests können zwar eine Orientierung bieten, ersetzen jedoch nicht die eigene Einschätzung der Fahrtüchtigkeit. Im Zweifelsfall ist es sicherer, auf das Fahren zu verzichten.
Der neue THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml im Blutserum gilt seit dem 21. August 2024 in Deutschland.
THC ist der psychoaktive Wirkstoff in Cannabis, der direkt nach dem Konsum wirkt und das Bewusstsein beeinflusst. THC-COOH ist ein Abbauprodukt von THC, das keine berauschende Wirkung mehr hat, aber im Körper länger nachweisbar ist.
Ja, direkt nach dem Konsum von Cannabis kann ein Schnelltest bei einer Polizeikontrolle positiv ausfallen. Vor allem Speichel- oder Urintests schlagen oft schon kurz nach dem Konsum an.
Der Grenzwert von 3,5 ng/ml bedeutet, dass ab dieser THC-Konzentration im Blutserum davon ausgegangen wird, dass die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt sein kann. Wer diesen Wert beim Autofahren überschreitet, muss mit rechtlichen Konsequenzen, unabhängig davon, ob man sich noch berauscht fühlt oder nicht.