Cannabis Ruderalis – die robuste Wildform der Cannabis-Pflanze

Herkunft, Merkmale und Nutzen der Cannabis-Sorte Ruderalis.

Ruderalis wird neben Cannabis Sativa und Indica häufig als dritte Hauptsorte bezeichnet. Aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften lohnt es sich, einen Blick auf die Unterschiede sowie den Nutzen von Cannabis Ruderalis zu werfen.

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Letzte Änderung:

06.05.2025

Das Wichtigste in Kürze
  • Cannabis Ruderalis zeichnet sich durch ihre Widerstandsfähigkeit und selbst blühenden Eigenschaften aus.
  • In der Züchtung spielt Cannabis Ruderalis eine bedeutende Rolle.
  • Reine Ruderalis-Pflanzen kommen medizinisch nicht zur Anwendung.

Sativa, Indica und Ruderalis: Was sind die Unterschiede?

Lange Zeit erfolgte die Einteilung der Cannabis-Pflanze in die Arten Sativa, Indica und Ruderalis. Diese Einteilung gilt mittlerweile als veraltet. Ein zentrales Argument gegen die Dreiteilung: Die Trennung in Sativa, Indica und Ruderalis basiert nicht auf echten genetischen Unterschieden, sondern auf anderen Merkmalen, wie dem Aussehen.

Wuchs Blätter Farbe Struktur
Cannabis Sativa Hoch und schlank (bis zu 5 m) Lang, schmal, mit dünnen „Fingern“ Hellgrün Weniger dicht, eher luftig
Cannabis Indica Klein und buschig (bis zu 2 m) Breit, dick, mit kurzen „Fingern“ Dunkelgrün Kompakt, dicht
Cannabis Ruderalis Sehr klein (30 bis 80 cm) Schmal Variabel Dünn, wenig verzweigt

Studien weisen zudem darauf hin, dass die Wirkung von Sativa, Indica und Ruderalis nicht auf die Genetik zurückgeführt werden kann. Vielmehr scheint die individuelle chemische Zusammensetzung der Cannabinoide und Terpene für die Wirkung verantwortlich zu sein.1,2

Cannabis-Sorten werden seit Jahrzehnten gekreuzt. Hieraus sind zahlreiche Hybride (Mischformen) entstanden, die die Merkmale von Sativa, Indica und Ruderalis aufweisen. Das erschwert die Einteilung weiter. Eine Neustrukturierung der Klassifizierung, die die genetische Vielfalt und chemischen Profile besser berücksichtigt, wird daher von vielen Expertinnen und Experten befürwortet.

Entdeckung von Cannabis Ruderalis

Der russische Botaniker Dmitrij Janischewsky untersuchte Anfang des 20. Jahrhunderts verschiedene wildwachsende Hanfpflanzen in Russland, der Ukraine und Kasachstan. Diese hatten sich an die extrem harten Umweltbedingungen angepasst und unterschieden sich von Cannabis Sativa und Indica.3

Besonders häufig traf er an Straßenrändern, Feldern und Brachflächen auf die Pflanzen. Deshalb benannte er sie nach dem lateinischen Wort „rudus“. Übersetzt bedeutet das so viel wie „Trümmer“, „Brachland“ oder „Schutt“.

Aussehen von Cannabis Ruderalis

Ruderalis-Pflanzen sind kleiner als Sativa und Indica. Sie erreichen eine Höhe von 30 bis 80 Zentimetern. Ihre Erscheinung ist robust, mit dicken Stängeln und schmalen, fächerartigen Blättern.

Im Vergleich zu ihren Geschwistern bildet Ruderalis nur kleine Blüten und ist weniger ertragreich. Dennoch sind die Blüten regelmäßig geformt und können in der Blütezeit eine gewisse Ästhetik aufweisen.

Was sind die besonderen Eigenschaften von Cannabis Ruderalis?

Eine der herausragendsten Eigenschaften von Cannabis Ruderalis ist die selbst blühende Fähigkeit (Autoflowering). Während viele Cannabis-Arten zur Blütezeit spezielle Lichtzyklen benötigen (photoperiodische Sorten), blüht Ruderalis unabhängig von der Lichtdauer.

Zu erwähnen ist auch ihre hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen und Krankheiten. Ein weiteres Zeichen ihrer Robustheit ist, dass Ruderalis-Pflanzen in Böden wachsen, die für andere Pflanzen möglicherweise ungeeignet sind. Das unterstreicht ihre Anpassungsfähigkeit und macht sie zu einer Überlebenskünstlerin in der Natur.

Cannabis Ruderalis – ein Gewinn für die Cannabis-Züchtung

Wann genau mit der Züchtung von Cannabis Ruderalis bzw. der Kreuzung mit anderen Cannabis-Sorten begonnen wurde, ist nicht dokumentiert. Es wird angenommen, dass Ruderalis-Samen in den frühen 1980er Jahren nach Amsterdam gebracht wurden, um das Zuchtprogramm von verschiedenen Samenbanken zu verbessern. Denn gerade in dieser Zeit erlebte die Cannabis-Züchtung einen regelrechten Aufschwung aufgrund folgender Gegebenheiten:

  • liberale Drogenpolitik
  • Einführung hochwertiger Genetiken, um diese mit lokalen Sorten zu kreuzen
  • Gründung zahlreicher Samenbanken
  • steigende Nachfrage aufgrund der Popularität von Coffeeshops

All dies trug dazu bei, dass Amsterdam zu einem Zentrum der Cannabis-Züchtung wurde.

Dank der Ruderalis-Genetik wurden neue Hybride geschaffen, die robust und widerstandsfähig waren. Auch die Autoflowering-Eigenschaften machten sich die Züchterinnen und Züchter zunutze. Es entstanden Sorten, die innerhalb von 6 bis 8 Wochen statt in 3 bis 4 Monaten in die Blütephase kommen. Das ermöglicht mehrere Ernten in einer Anbausaison. Dementsprechend nimmt Cannabis Ruderalis in der Geschichte der Cannabis-Züchtung einen bedeutenden Platz ein.

Lowryder – der erste kommerzielle Ruderalis-Hybrid

In den frühen 2000er Jahren schuf der bekannte Cannabis-Züchter The Joint Doctor den ersten kommerziellen Ruderalis-Hybrid namens Lowryder. Dieser entstand durch die Kreuzung der beiden Indica-dominanten Sorten Williams Wonder und Northern Lights #2 sowie einer mexikanischen Ruderalis-Sorte.

Lowryder gehört zu den ersten Autoflowering-Cannabis-Sorten, die die besten Eigenschaften von Ruderalis mit der Potenz von Indica-Sorten kombinieren. Damit wurde der Weg für zahlreiche Kreuzungen mit nicht medizinischen, aber auch medizinischen Cannabis-Sorten geebnet. Durch die Integration der Lowryder-Genetik konnten medizinische Sorten entwickelt werden, die nicht nur von den therapeutischen Eigenschaften der ursprünglichen Pflanzen profitieren, sondern auch die Vorteile des automatischen Blühens und der kompakten Wuchsform boten.

Heutzutage werden immer noch Ruderalis-Genetiken zur Erschaffung von medizinischen Cannabis-Sorten genutzt. Hauptsächlich deswegen, um Hybride mit einem ausgewogenen THC- und CBD-Verhältnis hervorzubringen. Denn diese entfalten weniger starke berauschende Effekte als THC-dominante Sorten.

Potenzielle Wirkung von Cannabis Ruderalis

Ruderalis-Pflanzen weisen einen niedrigen Gehalt des berauschend wirkenden Cannabinoids Tetrahydrocannabinol (THC) auf. Dagegen ist der Gehalt des zweitwichtigsten Cannabinoids Cannabidiol (CBD), das keinen berauschenden Effekt auslöst, in der Regel deutlich höher. Wie hoch der THC- und CBD-Gehalt in den ursprünglichen Ruderalis-Pflanzen war, kann heute jedoch nicht mehr gesagt werden.

Die psychoaktiven Effekte von Cannabis Ruderalis sind im Vergleich zu Sativa und Indica als mild bis schwach einzustufen. Denn der niedrige THC-Gehalt sorgt dafür, dass Ruderalis im Allgemeinen keine intensive berauschende Wirkung erzeugt.

Reine Ruderalis-Genetiken werden im medizinischen Bereich in der Regel nicht eingesetzt. Sie werden hauptsächlich für die Züchtung und Kreuzung von Hybriden verwendet.

Zusammenfassung

Cannabis Ruderalis hat die Cannabis-Züchtung revolutioniert, insbesondere durch ihre Autoflowering-Eigenschaft und ihre hohe Widerstandsfähigkeit. Obwohl sie von Natur aus einen geringen THC-Gehalt aufweist, wird sie häufig mit Sativa- und Indica-Sorten gekreuzt, um medizinische und nicht medizinische Hybrid-Pflanzen zu erzeugen. Denn die Kreuzungen ermöglichen schnellere Erntezyklen und vereinfachen den Anbau.

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Häufige Fragen

Reines Ruderalis enthält nur geringe Mengen des Cannabinoids Tetrahydrocannabinol (THC), was zu einer weniger ausgeprägten psychoaktiven Wirkung als bei anderen Cannabis-Sorten führen kann. Die Wirkung von Ruderalis kann jedoch individuell unterschiedlich sein.

Die Ruderalis-Genetik wird genutzt, um verschiedene medizinische Sorten zu züchten. Hiermit kann erreicht werden, dass eine Sorte ein ausgeglichenes THC- und CBD-Verhältnis bietet.

Autoflowering bedeutet, dass eine Cannabis-Pflanze unabhängig vom Lichtzyklus nach einer bestimmten Zeit automatisch in die Blütephase übergeht.

Durch die Kreuzung mit Ruderalis entstehen robuste, leicht anzubauende Hybride, die schneller wachsen und damit auch früher in die Blütephase kommen.

Die ursprüngliche, reine Ruderalis-Pflanze weist einen sehr geringen THC-Gehalt von meist unter 0,3 Prozent auf. Hybrid-Sorten, die durch Kreuzungen aus Ruderalis gezüchtet wurden, haben einen weitaus höheren THC-Anteil.

Im April 2024 wurde Cannabis teilweise legalisiert. Gemäß dem neuen Cannabis-Gesetz (CanG) können Erwachsene legal Cannabis konsumieren und dürfen bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis besitzen sowie mit sich führen.

Quellenangaben

  1. 1Sawler J, Stout JM, Gardner KM et. al, The Genetic Structure of Marijuana and Hemp. PLoS ONE 10(8): e0133292, Download vom 05.03.2025 von https://doi.org/10.1371/journal.pone.0133292
  2. 2Smith CJ, Vergara D, Keegan B et. al, The phytochemical diversity of commercial Cannabis in the United States. PLoS One. 2022 May 19;17(5):e0267498, Download vom 05.03.2025 von https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9119530/
  3. Zukovskii P.M. 1971. Cultivated plants and their wild relatives. Cultivated plants and their wild relatives, ISBN-10: 0851982182, ISBN-13: 978-0851982182, C´wealth Agric. Bureaux (1. Januar 1962)